Kolumne: Warum diese Selbstdarstellung?
Selbstdarstellung ist nicht nur ein Wort. Es wird gelebt wie nie zuvor. Ronja’s Tochter kann seit gestern rülpsen und die ganze Welt darf via Facebook daran teilhaben. Sie bekommt dafür 23 Likes, aber auch nur deshalb, weil sie gestern den furzenden Frank bei seinen Sauf-Eskapaden mit einem „haha“ unterstützt hat. Liane ist seit gestern auf Urlaub und hat ihren Status sicherheitshalber für alle potenziell interessierten Einbrecher auf öffentlich gestellt. „Sind gerade auf Ibiza“ – glückselig mit Heinz-Werner. Etwas nachlässig nur, dass sie den Wohnungsplan nicht gleich mitgepostet hat.
Es ist nicht schwer zu erkennen, wovon ich rede. Jeder von uns hat mindestens 20 solcher Freunde, oder ist selbst so ein „Freund“. Einer, der permanent jeden Pups aus seinem Leben mit anderen teilen muss. Und Menschen mögen das scheinbar, denn sie tun es regelmäßig und zu Hauf. Alles, was gerade irgendwie in ihrem Leben passiert, preisgeben.
Vielleicht hat es damit zu tun, dass ich meinen Narzissmus beim Bloggen und anderswo auslebe. Oder vielleicht hat es damit zu tun, dass ich eigentlich gar kein Leben habe und nie etwas unternehme. Aber: Meine Facebook-Pinnwand und mein Instagram-Account sind einfach fad und leer. Ich frage einfach nur gelegentlich meine „Freunde“, wenn ich irgendwas bestimmtes wissen will. Noch gelegentlicher als das, poste ich ein Lied, welches gerade meine Stimmung beschreibt.
Deshalb fühle ich mich manchmal echt komisch, wenn ich vor dem PC sitze und mir wieder angezeigt wird, dass Murli wieder mit ihren 10 FreundInnen Cocktails schlürft und zum 10. Mal im Jahr auf Urlaub ist – Stimmung „glückselig“. Ein klarer Fall von Selbstdarstellung. Ich gehe dann manchmal im Geiste meine letzten Aktivitäten durch und merke, dass ich doch wohl auch ein sehr ausgefülltes Leben habe, mich aber ab und zu davon beeindrucken lasse, dass und was andere ständig alles von sich preisgeben.
Wenn ich Mal ein paar Stunden mit lieben Menschen habe, dann möchte ich nicht auch noch diese intimen Momente mit Gott und der Welt (eigentlich ist es weniger Gott, sondern sind es viel mehr meine Facebook-Fakefreunde, unter denen auch ein paar echte sind) teilen. Die gehören dann mir und den Menschen, die ich liebe. Mich interessiert nicht, wer mit wem, wo, wann und was (oder was nicht) macht und ich möchte solche Details auch niemand anderem Preis geben.
Generell bin ich wahrscheinlich ein sehr eigenartiger Mensch, was die Nutzung von Mobiltelefonen, während dem Treffen mit anderen Personen angeht: Ich nehme mir einfach Zeit für mein Gegenüber und genieße die Aktivitäten und die Gespräche. Wenige Gedanken an meine eigene Selbstdarstellung. Nur kenne ich kaum mehr Leute, die da ähnlich sind. Jeder ist irgendwie ständig erreichbar. Wenn man gerade einen schönen Augenblick erlebt, muss man ihn „verspnapchatten“ oder „verinstagrammen“ und/oder „verhashtaggen“. Das ist mir zu blöd und zu stressig.
Nicht, dass ich nicht auch viel und sehr im Web 2.0 lebe. Natürlich tue ich das. Sonst könnte ich diesen Blog nicht führen, sonst könnte ich keine Leute damit erreichen, sonst könnte ich mit manchen Menschen keinen Kontakt mehr pflegen. Facebook ist meiner Meinung nach nämlich eine gute Möglichkeit, auch mit Leuten „für immer“ in Kontakt zu bleiben, die man eher als noch weniger als Bekannte sieht (versteht man, was ich damit meine? hmpf.). Außerdem kann man „stalken“ und „gestalkt“ werden, was das Leben in langweiligen Minuten doch um einige Infos reicher machen kann.
Was mir aber schleierhaft bleibt, ist der Erfolg und Nutzen von Instagram und Snapchat. Warum möchte man sehen, was wer wann wie und wo isst? Und mit wem?
Warum verschickt man Bilder, die sich nach 7 Sekunden wieder von selbst löschen? Und warum schickt man diese den ganzen Tag über verteilt über so viele Momente, anstatt sie einfach in Ruhe mit der Person zu genießen, die man damit in dem Moment eigentlich respektlos behandelt, indem man dem Handy Vorrang gibt. (Oh je, der Begriff Handy ist nicht richtig, ich spreche ja von Smartphones, Handys können das alles ja nicht. Sie können, was ein Telefon eigentlich können muss: Telefonieren und Kurznachrichten senden)
Woran kann es liegen, dass Menschen gerne ihr Leben mit allen teilen. Und selbst dann keine Ruhe geben, wenn sie eigentlich Ruhe hätten? Warum liebt unsere Gesellschaft nichts mehr als die Selbstdarstellung?
Meine Vermutungen für die Gründe
Vielleicht…..
liegt es daran, dass fast jeder von uns nur noch sehr wenig Zeit hat. Und in dieser kurzen Zeit, die er mit Freizeit verbringt gar nicht Freizeit haben will.
sind Smartphones mit einer Magie belegt, die sie so anziehend machen, dass man sie nicht mehr weglegen kann.
ist die gesamte Welt nur noch ein einziger Ort voller Narzissten und das Universum die Selbstdarstellung.
ist der sprachliche IQ für Face to face durch die immer stärker werdende Online-Kommunikation so sehr gesunken, dass die meisten Menschen einfach nicht mehr sprechen können, selbst wenn sie wollten.
sind viele Menschen und deren täglicher Klogang so wichtig, dass ich deren Wichtigkeit einfach noch nicht erfasst habe, weil ich einfach unverschämt bin.
habe ich einfach keinen Sinn dafür, was gerade in ist und sollte auch öfter alles posten, was ich gerade verdaut habe.
bin ich nur neidisch, weil ich keine Kinder habe, deren Identität ich (irrer Weise) im Internet preisgebe, sodass im schlimmsten Fall Perverse Menschen Unfug beitreiben könnten.
bin ich nur neidisch, weil ich mir nicht in jedem Moment meines Lebens allen zeigen muss, dass ich ein Leben habe.
habe ich keine Stimmungen, weil ich nicht permanent posten muss, wie es mir geht.
bin ich einfach nur zu alt und zu uncool und zu konservativ, um alles von diesem „neumodernen Zeug“ in mein Leben zu integrieren.
Eine weitere Erfindung, die ich nicht so ganz verstehe, habe ich hier erwähnt. Hier gibt es 10 Verwendungsmöglichkeiten für einen Selfie-Stick.
Text und Idee: Nicole Inez
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Toll ge- und beschrieben 😊
Vielen Dank 🙂
😂sehr cool!
Merci! 😀
Das Online gehen ist eine Flucht bspw. dann wenn man nervös oder unruhig ist. Dann kann man sich wunderbar ablenken. Ich glaube der Hype um Facebook ist vorbei. Ich höre immer wieder Geschichten von jungen Leuten, die mit ihrem Handy Nacktfotos machen und verschicken. Da erkenne ich den Nutzen von Snapchat. Dumm gelaufen und gepostet, aber glücklicherweise nicht lang anschaubar.
Naja, gegen online schauen sagt niemand was, aber bitte nicht während eines Treffens 10 Mal inklusive Status-Update!
Oha, Nacktfotos 😀
Snaps kann man aber speichern…. Also vielleicht doch nicht so clever 😉
Zu alt, um Snapchat zu verstehen, aber zu jung um die Wichtigkeit des täglichen Stuhlgangs zu begreifen, hängen wir in der digitalen Zwischenwelt, unsere heißt grad wordpress…
Einer Bekannten wurde tatsächlich
Ich habe das Gefühl, der Satz ist noch nicht zu Ende? 😀
Da fühlen sie richtig, Frau Psychologin. Jetzt aber schon. Ich schreibe „wischend“ auf dem HANDY (! 😝!) und komme da öfter mal aus Versehen auf den Button zum Absenden. Grobmotorikerin, ich.
Alles klar!
Hmmmm…. für mich ist wohl eher der Einbrecher der Schlaue. Er nutzt einfach die Nachlässigkeit (milde ausgedrückt ;-)) von Facebook Usern… Natürlich muss kein Zusammenhang bestehen, aber man hilft damit schon sehr seinem eigenen Pech nach, würde ich meinen 😀
Aaargh, dieser Senden-Knopf ist immer im Weg!
Also, jedenfalls…
Einer Bekannten wurde tatsächlich die Wohnung leer geräumt, als sie im Urlaub war. Auf Facebook war schön öffentlich zu lesen, wann sie das andere Ende der Welt erreicht hatte, und da konnte sich ja jeder Depp ausrechnen, dass er ab dann mindestens eine Woche Zeit hat, seinem Einbruch durchzuführen. Ob es tatsächlich zusammen hing weiss ich natürlich nicht, aber denkbar ist es.
Ich habe schon vor längerem beschlossen, Erinnerungen lieber in Herz und Hirn abzuspeichern, als mir etwas durch das Display des HANDYS (jawoll. trotz allem.) anzugucken und die Lebendigkeit dahinter zu verpassen.
Sollte ich mal an einen potentiellen Gedankenleser oder eine weibliche Variante davon kommen, bedarf es schon einiger Anstrengung, mir etwas zu sagen, was man nicht recherchieren oder zwischen den Zeilen lesen kann.
Vielleicht machen wir es (den Beweis seiner/ihrer Fähigkeit) einfachhalber mit einer Zahl à la: Denken Sie an eine Zahl zwischen…
wie recht Du hast. Ich wundere mich immer, woher die Leute die Zeit nehmen, so viel zu posten. Kommen die dann noch dazu, all das zu erleben, was sie im Netz teilen und verbreiten? Ich habe die Zeit nicht. Ist vielleicht auch ganz gut so. Da bleibt der Welt viel erspart 😉
Haha eine gute Frage, ob die dann dazu kommen, das alles zu erleben… Kann ich mir kaum vorstellen 😀
Übel wie die Welt durch Facebook und Co mitteilungsbedürftig geworden ist. Wahnsinn wie sich die Zeit verändert.
War neulich mal was essen beim Italiener da hatte ein höchstens 3 jähriger schon ein Tablet. Bin mal gespannt wie lange es bei meinem Neffen geht bis er so ein Ding in den Händen hat. Er ist jetzt ein Jahr.
Eine meiner Cousinen hat auch mit 3 ihr 1. Tablet bekommen, damit sie beschäftigt ist….. Ich glaube, man ist wahrscheinlich sogar Außenseiter, wenn einem seine Eltern eigentlich gutes wollen würden und einem erst ab 12 eines kaufen würden! Eigentlich erschreckend :-O
Zeiten verändern sich aber das ist erschräckend wie sich die Zeit ins digitale verändert mein ersten PC damals ohne Internet hatte ich mit 11 für schularbeiten dazu musst du wissen es hätte wegen dem Schreiben zutun weil ich nicht so gut sehe mehr dazu bei http://kochjonis.blogspot.de
Mein erstes Prepaid Handy mit 14 das erste Smartphone mit 18 weil ich erst dann Interesse dafür gezeigt hatte nicht weil ich es einfach so Bekommen habe. Aber das denke ich ist keinesfalls zu früh. Die Kinder sollten wie ich im Sandkasten aufwachsen.
zum glück bin ich noch im Sandkasten spielend aufgewachsen.
Aus Facebook Twitter und co habe ich mich ganz schnell wieder versabschiedet. Ich finde das alles sehr oberflächlich und zum Teil auch beängstigend. Die Frage die bleibt ist, ist bloggen ähnlich oder geht das doch mehr in die Tiefe?
Ich sehe keinen Zusammenhang zwischen geistreichem Texte schreiben und „Uschi hat Gacki gemacht und die Welt muss es wissen“-Posts…
Im Fratzenbuch bin ich nur wegen meiner Familie in Frankreich und bei Whatsapp wegen der Kids.
Persönliches gibt es bei mir nichts zu lesen.
Und ja, ich lese oft, wie Bekannte ihren Urlaub ankündigen und davon berichten.
Ich finde eh auch, dass Facebook und Whatsapp einen guten Nutzen haben können….
Bei mir auch nicht… Nur alle heiligen Zeiten Mal….
Ich teile Dein Unverständnis voll und ganz! Es irritiert mich zutiefst, wenn ich Gäste habe, und diese nicht einmal am Tisch ihr Telefon aus der Hand legen. Bei jedem Blick bekomme ich einen Schreck, Worte bleiben mir im Hals stecken und ich überlege fieberhaft, auf was für eine Schreckensnachricht die Person wohl wartet. Denn wenn man statt sich mit physisch vorhandenen Freunden zu unterhalten, lieber auf einen Telefonminibildschirm guckt, dann muss es sich doch mindestens um den Weltuntergang handeln. Absolut befremdlich. Ich hab‘ dem Menschen das dann auch gesagt, was wiederum ihn dann befremdet hat. „Komisch“ ist keine Beschreibung für dieses Gefühl. „Fremd in meiner Zeit“ wohl eher.
Fremd in meiner Zeit ist ein passender Ausdruck, der auch auf mich zutrifft 🙂 Leider! Ich will und kann mich aber dem Trend nicht anpassen, weil ich es einfach unhöflich finde…..
Ich will mir nicht mal ein Smartphone zulegen und hoffe, mein Methusalem ( so ein altes Nokia ohne irgendwelche Funktionen) hält noch lange durch. Schon, weil ich nicht jeden Tag daran denken könnte, mein Telefon aufzuladen.
Schönes Thema, das mich auch sehr beshäftigt. Eigentlich müsste auf Smartphones und Facebook etc. auch ein Warnhinweis sein, dass dies süchtig machen kann. Ich stelle diese Sucht bei meinen lieben Mitmenschen fest, doch leider auch bei mir, obwohl ich eher so bin wie du. Ich habe nicht einmal Facebook auf dem Telefon. Früher hatte ich es mal, doch dann habe ich es gelöscht, da ich merkte, dass ich ständig nachsah, was es auf Facebook neues gibt. Dann hatte ich mein Account gelöscht, weil ich als Freiberuflerin am Computer tätig jeden Tag mehrere Stunden auf Facebook verschwendete und merkte, wie unglücklich mich das machte. Nach zwei Jahren Therapie und einer zweiten Auswanderung und viel mehr Weisheit und Selbstkenntnis und Selbstreflektion beginne ich nun mit dem Bloggen und habe dafür wieder ein Facebook-Account. Und zack merke ich, dass die Versuchung trotz allem, was ich gelernt habe, sehr groß ist. Ein Dilemma. An manchen Tagen überlege ich, ob ich das mit dem Blog doch sein lasse, obwohl ich mit diesem genau das, was ich so Bereicherndes gelernt habe, mit meinen Mitmenschen teilen möchte, damit auch sie endlich ihr Leben bewusst gestalten. Ich denke, mit der Zeit merken immer mehr Menschen, wie gefährlich diese sozialen Medien, was nicht heißt, dass sie verbannt gehören, sondern wie ein Glas Wein oder Bier eben in Maßen zu genießen sind. Ich versuche, optimistisch zu sein, doch dein Beitrag und dessen Resonanz machen doch Hoffnung 😉
Ich denke die Dosis macht das Gift. Und ich habe eigentlich nichts gegen Social Media – es ist eine neue Welt, der man sich nicht mehr entziehen kann. Schon gar nicht, als BloggerIn, oder als Mensch, der sich einfach für Neuerungen und das Web interessiert.
Mich nervt eben diese endlose Selbstinszenierung mancher Menschen, die Tatsache, dass heutzutage einfach Jede(r) über alles bloggen kann und man sich aus dem Müll die Goldmedaille ziehen muss. Jedes Mal auf’s Neue.
Und natürlich stört mich, wenn mein Gegenüber die gemeinsame Zeit in der virtuellen Welt verplämpern will…..