Kolumne: Freiheit – Wie frei sind wir wirklich?
Dieser Titel liest sich zwar nach Sinnkrise, ist es aber nicht. Es ist viel schlimmer, nämlich das, wofür wir meistens keine Zeit und Lust haben. Sein eigenes Leben und das Leben generell zu hinterfragen. Da ich nach Wochen endlich wieder Zeit hatte, nachzudenken, kam mir folgende Frage: Wie frei sind wir wirklich? Und wie begrenzt ist unsere Freiheit?
Ich habe seit Jahren versucht, mein Leben so frei wie möglich zu gestalten. So unabhängig wie möglich von anderen Menschen, beruflichen Vorgaben, engen Beziehungen und sonstigen Verpflichtungen. In meiner perfekten Welt könnte man sich morgen dazu entschließen, nach Neuseeland auszuwandern, um sich dann dort zu entscheiden, dass es in Kanada dann doch besser wäre. Doch wenn man sein Leben hinterfragt, oder eines in der Norm, dann kommt man zum Entschluss, dass das so nicht möglich ist.
Ein normales Leben
Ein normales menschliches Leben besteht aus Begrenzungen und diese Begrenzungen dienen auch zeitgleich als Stütze. Als Basis unseres Lebens. Wenn ich einen Job habe, bin ich zwar eingeschränkt, doch ich habe zeitgleich auch Geld. Und das macht mich wiederum freier. Gehe ich eine Beziehung ein (und bin treu), gebe ich in dem Moment meine Freiheit auf, mit 10 anderen eine Beziehung zu führen. Beziehungen geben wiederum auch Stabilität und Halt. Und auf der anderen Seite nehmen sie einem Freiheit.
Bin ich z.B. verheiratet, kann ich nicht einfach morgen sagen, dass ich mit einer anderen Person ab sofort intime Dinge tun werde. Ohne die Partnerin zu verlieren. Und trotz Ausmachungen, bin ich eingeschränkt. Denn umso mehr Leute ich in meinem engeren Kreis habe, desto mehr Zeit und Energie benötige ich dafür.
Wenn ich gerne an 10 Plätzen der Erde gleichzeitig wohnen möchte, ist das ebenfalls nicht möglich. Rein physikalisch und auch rein finanziell nicht. (Ich schreibe hier eher für meine Zielgruppe und darunter befindet sich meines Wissens nach kein Ölscheich.). Dabei gäbe es so viele schöne Orte, für die man mehr Zeit bräuchte, um sie wirklich zu erkunden.
Die größte Freiheit
Die größte Freiheit gibt man aber auf (habe ich von Bekannten gehört), wenn man sich für Kinder entscheidet. Natürlich gewinnt man das größte Geschenk, das man sich erhofft hat. Und doch verändert sich das Leben radikal und aus einer minimalen Freiheit, wird keine Freiheit. Meist vor allem für Mütter. Denn wenn man seine Freiheit nicht mit Jobverpflichtungen, Beziehung und Freizeitstress teilt, dann hat man ein Kind, für das man sorgen muss.
Wenn man so darüber nachdenkt, muss man sich bewusst werden, dass die menschliche Beliebigkeit sehr eingeschränkt ist. Man kann sein Leben eigentlich nur mit einem bestimmten Fokus auf seine Ziele und das Hier und Jetzt richten. Ich habe mir die Welt als großes Ganzes vorgestellt (das ist sie nämlich auch). Und bin auf einige realistische Erkenntnisse gestoßen.
8 Erkenntnisse
- Du kannst nicht an allen Orten der Welt gleichzeitig Leben, die dir gefallen würden.
- Du kannst wahrscheinlich nicht alle Orte der Welt genau genug erkunden, die dich interessieren.
- Du gibst für jede Sicherheit eine Freiheit auf.
- Du gibst für jede Freiheit eine Sicherheit auf.
- Unsere Freiheit ist durch örtliche Distanz extrem eingeschränkt.
- Die meisten Menschen der Welt kannst du gar nicht kennenlernen, weil es so viele sind (und so wenig Zeit).
- Jedem steht nur ein gewisses Maß an Freiheit zur Verfügung.
- Freiheit erscheint als ziemliche Lüge und ist relativ.
Ich hoffe dieser Text ist nicht so deprimierend, wie die anstehende graue Jahreszeit. Sagt mir doch in den Kommentaren, welche Meinung ihr zu dem Thema habt.
Eingeschränkte Grüße,
Eure Nicole
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Guten Morgen Nicole Inez,
trotz Deiner Nichtaufkommentareantwortenart möchte ich Dir danken für die klaren und inspirierenden Gedanken, denn genau das habe ich schon so oft gedacht, aber nie so klar formuliert. 😊💪 🙋 Freundliche Grüße, Olaf
Lieber Olaf,
Das wusste ich gar nicht, dass ich nicht antworte. Vor allem, da das mein 1. Post seit Monaten ist 😉 Freue mich jedenfalls, dass du meine Gedanken teilst.
LG Nicole
Im Biopic über einen Boxer, der eine Gefängnisstrafe (unschuldig) absitzen musste, erhielt der Gefange nach langer Zeit des in seiner Zelle Eingesperrtseins Hofgang und er weigerte sich, seine Zelle zu verlassen. Auf die Frage, warum er sich weigere, antwortete er, Nein zu sagen sei die einzige Freiheit, die ihm noch geblieben sei. [sinngemäß, aus der Erinnerung nacherzählt] Liebe Grüße, Bernd
Total spannend und inspirierend! Dieser Gedankengang könnte auch von mir stammen 😉
LG Nicole
Jean-Jacques Rousseau
Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern, dass er nicht tun muss, was er nicht will.
Das stimmt 🙂 LG
In Gedanken sind wir alle frei. Ich habe die ersten Jahre meines Lebens einen Krieg miterleben müssen, danach Asylantenheim, was tatsächlich nicht viel besser war. Später, als ich Erwachsen wurde und selbstständig denken und analysieren konnte, stellte ich fest, dass das alles keine Rolle spielt. Die Orte die du besuchen willst, würdest du sowieso nicht so in Erinnerung behalten, wie du sie erlebt hast. So funktioniert unser Gehirn nicht. Die Lieben, die du verpasst hast und die Einschränkungen die du in Kauf genommen hast, waren wichtig für deine Entwicklung, sonst hättest du diese Entscheidungen nicht getroffen. Wenn du alle schönen Orte und Gefühle der Welt gesehn und gefühlt hättest, wären sie immer noch schön? Genau diese Erkentnis, die du hast, führt dazu, dass du in dieser begrenzten Zeit und den relativ mikrigen Erfahrungen in diesem Furz der Zeit, der unser Leben ist, zu schätzen und zu fühlen weißt, denn egal was passiert: In Gedanken sind wir immer frei.